Altgriechisch schlägt Netflix – Der Erstplatzierte Matteo verrät sein Geheimrezept

Matteo Diegruber (9c) nahm dieses Jahr am Bundeswettbewerb Fremdsprachen in der Fremdsprache Altgriechisch teil, die er sich selbst beigebracht hat. In diesem Interview berichtet er von seiner Faszination für die Sprache und verrät Tipps und Tricks zum selbstständigen Sprachenerwerb.

Hallo Matteo,

An dieser Stelle noch einmal herzlichen Glückwunsch – der erste Landessieg im Bundeswettbewerb Fremdsprachen mit der Fremdsprache Altgriechisch und die Einladung zum Sprachenturnier, die nur an die 57. besten Teilnehmer*innen des gesamten Wettbewerbes vergeben wird – das ist eine phänomenale Leistung, die du erreicht hast!

Kannst du uns kurz sagen, womit du dich beim Bundeswettbewerb dieses Jahr in deiner ausgewählten Fremdsprache befasst hast?

Die Aufgabenstellung war zweigeteilt. Im ersten Teil musste man ein zweiminütiges Video drehen. Dabei hatte ich die Auswahl, ob ich mich in die Rolle eines Olympiasiegers hineinversetze, der in seiner Heimatstadt von seinen Erlebnissen erzählt oder ich konnte mich als Reiseführer im antiken Griechenland inszenieren. Ich habe ersteres gewählt. Das Video musste Großteils auf Griechisch sein.
Der zweite Teil war ursprünglich wie eine Klassenarbeit vorgesehen. Wegen Corona konnte das aber so nicht stattfinden. Stattdessen gab es online Aufgaben, die ich in einer bestimmten Zeit bearbeiten musste. Zuerst musste ich einen griechischen Text lesen und in eigenen Worten die Handlung wiedergeben. Anschließend musste ich einen eigenen Text schreiben, der an die Thematik aus dem griechischen Text anknüpft. Man durfte auf Deutsch schreiben, weil mir das aber zu langweilig war, habe ich auch diesen Text auf Griechisch verfasst.

Wie viel Zeit hast du ungefähr in die Vorbereitung investiert und wie muss man sich den Ablauf dieses Wettbewerbes ungefähr vorstellen?

Ich habe nochmal griechische Vokabeln gelernt, wirklich viel war das aber nicht. Dem gingen aber anderthalb Jahre, in denen ich mich intensiv mit Altgriechisch beschäftigt habe, voraus. Das war aber keine direkte Vorbereitung, sondern vielmehr einfach das Lernen der Sprache.

Latein, Spanisch, Französisch oder Englisch lernen viele Schüler*innen. Was ist für dich das Besondere an Altgriechisch? Was erwiderst du allen, die sagen, es sei eine tote Sprache, die niemand im Zeitalter englischsprachiger Netflix-Serien mehr braucht?

Schwierig, denn in gewisser Weise haben all die, die das sagen, recht. Das Anwendungsgebiet von Altgriechisch beschränkt sich auf das Lesen und Übersetzen von Texten, die vor Jahrhunderten geschrieben wurden. Was mich am Altgriechischen fasziniert, ist aber eben das. Es ist eine Sprache, die vor Jahrhunderten gesprochen wurde und ich finde es unglaublich spannend, wenn man versucht herauszufinden, wie die Worte damals ausgesprochen wurden und was sie bedeutet haben. Ich denke, Altgriechisch ist eine unglaublich schöne Sprache, die Ausdrucksmöglichkeiten hat, die im Deutschen verloren gegangen sind. Dazu vermittelt sie ein grammatikalisches Grundverständnis, vielleicht noch weitergehend als das Lateinische es tut.

Was hat dich motiviert/bewogen, selbstständig Altgriechisch zu lernen? Wie stellt man das an, so ganz ohne Lehrer*in?

Mein Vater hatte noch ein altes Altgriechisch-Lehrbuch herumstehen. Das habe ich gesehen und hab mir gedacht: Warum nicht? Zu dem Zeitpunkt besuchte ich die fünfte Klasse und hatte noch absolut kein Grundverständnis von Sprache und ich war heillos überfordert, als dann die verschiedenen Kasus eingeführt wurden. In der sechsten Klasse gab es dann eine AG, in der wir Altgriechisch gelernt haben. Als diese nicht weiter bestand, wollte ich noch immer Altgriechisch können und dann habe ich nochmal einen Versuch gestartet. Diesmal hatte ich durch den Lateinunterricht eben das Grundverständnis, was mir davor gefehlt hat. Dann habe ich mich durch das komplette Lehrbuch durchgearbeitet. Dazu muss man sagen, dass ich, wenn ich Fragen hatte, Herr Scherf, meinen Lateinlehrer, ansprechen konnte, der mir die Fragen beantwortet hat.

Hast du auf deiner Lernreise mit dem Altgriechischen auch Rückschläge erlebt und wenn ja, wie bist du damit umgegangen?

Wenn man es von Anfang an betrachtet, bin ich bei meinem ersten Versuch, diese Sprache zu lernen, gescheitert. Danach habe ich mich zwar immer wieder tierisch geärgert, wenn ich eine grammatikalische Form oder eine Vokabel vergessen hatte, aber als Rückschläge kann man das nicht bezeichnen.

Welche Vorgehensweise empfiehlst du für alle interessierten Leser*innen, die deinem Beispiel nun vielleicht folgen wollen? Was sind die first steps beim Altgriechisch lernen? Gibt es Vorkenntnisse, die man mitbringen sollte?

Als erstes ist es wichtig, dass man Motivation mitbringt. Ohne Motivation geht gar nichts, mit Motivation alles. Man muss deswegen einen Weg wählen, der einem Spaß macht. Im Internet gibt es alles: von den kreativsten Methoden bis hin zum schnöden Grammatiklernen.
Was nötige Vorkenntnisse betrifft, kann nur für mich sprechen und sagen, dass für mich zwei Jahre Lateinunterricht auf jeden Fall ausreichend waren. Allgemein denke ich aber, dass die Vorkenntnisse eine weniger große Rolle spielen, solange genug Motivation da ist. Wer motiviert ist und bereit ist, Zeit aufzuwenden, wird es schaffen, wahrscheinlich auch ohne Vorkenntnisse. Davon bin ich überzeugt.

Hast du einen Lieblingstext auf Altgriechisch? Wenn ja, kannst du kurz erläutern, warum er das ist und worum es geht?

Das ist schwer zu sagen, weil ich tatsächlich noch gar nicht so viel griechische Lektüre gelesen habe. Vielleicht kann ich hier einen Ausschnitt von Herodot nennen. Das war mithin der erste Originaltext, den ich gelesen (und verstanden) habe. Sehr gefällt mir auch der Anfang von Sokrates Verteidigungsrede. Und natürlich wäre mein Lieblingstext die Ilias und die Odyssee von Homer, würde ich das schon (ohne enorm großen Aufwand) verstehen können; davon bin ich aber noch weit entfernt. Aber das wäre ein Ziel, auf das ich hinarbeiten könnte.

Lass uns einen Blick in die Zukunft werfen: Gibt es noch weitere Sprachen, die du gerne lernen möchtest, egal ob in der Schule oder autodidaktisch?

Natürlich. Am besten alle. Ganz oben auf meiner Prioritätenliste steht Italienisch (womit ich auch schon angefangen habe). Danach könnte Russisch folgen. Vielleicht auch Hebräisch.

Lieber Matteo, das ist ein tolles Ziel, gutes Gelingen dabei. Danke für deine Zeit!

Das Interview führte Sanne Mäusling, Betreuerin für den Bundeswettbewerb Fremdsprachen am Stiftsgymnasium und zuständig für Begabtenförderung